DER GEISTESKRANKE: Der Himmel ist blau sagen sie, dabei ist er rot. Als die Fische ihre Schuppen bekamen, saß der liebe Gott auf dem Nachttopf. Und wer würde bestreiten, dass die erste Frau nicht auch ein ganzes Paar Eltern hatte? Könnten wir in unseren Gehirnwindungen einen Marathonlauf veranstalten, wären wir wohl endlich am Ziel. Wo ist das Fleckensalz? Die Braut hat zu tief in das Tintenfass gegriffen. Die Gelehrten lesen Unmengen von Büchern, das haben sie schon getan, bevor der Mond zu uns heruntergrinste, als wäre er ein Schweizer Käse. Frühling, Sommer, Herbst und Winter, und dann wieder Frühling. Vielleicht ist auch einmal Herbst nach dem Winter, wer weiß? Ich bin eine Schildkröte, viele hundert Zeitalter alt und bin ertrunken in einem mikroskopisch winzigen Erdbeermarmeladeglas. Und irgendwann sehen wir uns im Spiegel und fragen uns gar nichts, weil Wurst eben Wurst heißt und nicht Schweinehund. Wie spät ist es, will die Uhr wissen, denn der grasgrüne Totengräber ist schon viel zu lange im Wasser. Da ist er wieder, der Hahn, der im Hintergrund bleibt, damit ihn auch alle sehen können. Zwei mal zwei ist vier und sechs weniger zwei ist nicht drei. Die Scheiße muss heraus, ganz heraus. Oder stellt euch vor, ihr wandert auf einem Regenbogen direkt in das Herz der Sonne und die Alte von nebenan lässt Eiswürfel aus ihren Ohren rieseln. Die grausamen Lieder ertönen immer wieder, leise und fein angezogen. Links ist rechts, aber rechts findet gestern um null Uhr fünfzehn bei Tante Gummi statt. Das nenne ich Liebe, wenn Liebe so etwas wie Tortenboden ist, der ausnahmsweise nicht das Universum unsicher macht. Wo kämen wir auch hin, wenn überall die Kokosnussplätzchen wüchsen? Die Quantentheorie müsste neu entwickelt werden. Einen für die Mamma, einen für den Onkel Doktor. Den Weltuntergang können wir uns theoretisch auch sparen, an lila Unterwäsche mangelt es ja nicht. Drehstühle reden durch die Nase.
DER BLINDE: Ist er fertig?
DER BEINAMPUTIERTE: Es scheint fast so. Er sagt nichts mehr.
DER BLINDE: Wer hat ihn überhaupt zugelassen?
DER BEINAMPUTIERTE: Er war vor uns da.
DER BLINDE: Was gibt es Neues?
DER BEINAMPUTIERTE: Zwei neue Mitglieder.
DER BLINDE: Zu schade dass ich sie nicht sehen kann.
DER GESICHTSLOSE: O, was mich betrifft, haben Sie nichts zu verlieren.
DER BLINDE: Wie meinen Sie das?
DER GESICHTSLOSE: Ich rede nicht gern darüber.
DER BLINDE: Was machen Sie dann hier?
DER GESICHTSLOSE: Die Einsamkeit führt einen auf manch ungewohnten Weg. Wissen Sie, seit ich das hinter mir habe, habe ich nicht mehr sehr viele Freunde.
DER BEINAMPUTIERTE: Ich kann das nachvollziehen.
DER GESICHTSLOSE: Genau genommen habe ich es gar nicht hinter mir. Ich trage es immer mit mir herum.
DER BLINDE: Was?
DER GESICHTSLOSE: Ich rede nicht gern darüber.
DER BEINAMPUTIERTE: Ich kann Sie verstehen.
DER BLINDE: Warum sind die Herrschaften heute so sprachlos? Ich höre doch sonst tausend Stimmen durcheinanderreden.
DER BEINAMPUTIERTE: Wir sind heute nur fünf.
DER BLINDE: Und wer ist der andere Neuling? Was ist mit ihm? Fehlt ihm ein Arm? Oder hat er einen zu viel?
DER BEINAMPUTIERTE: Er sieht eigentlich recht unversehrt aus.
DER IDEALIST: Ich bin Idealist.
DER BLINDE: Was fehlt Ihnen?
DER IDEALIST: Man hat mich hierher geschickt.
DER BLINDE: Der Club ist auch nicht mehr das, was er einmal war. Die Leute werden immer normaler.
DER IDEALIST: Ich bin nicht normal. Das haben zumindest die anderen behauptet. Deshalb hat man mich hierher geschickt.
DER GESICHTSLOSE: Wer ist schon normal? Was ist noch normal? Seht mich doch an. Das haben sie aus mir gemacht.
DER BLINDE: Wer?
DER BEINAMPUTIERTE: Er redet nicht gern darüber.
DER GEISTESKRANKE: Die Oper steht in flammen, die sieben Zwerge sind auf Urlaub in der Bretagne. Friederich wollte er heißen, aber sein Vormund hat ihn Butterbrot getauft, weil er ein Mädchen ist. Kann man in der Nase bohren, wenn das Loch im Hintern ist?
DER BEINAMPUTIERTE: Wollen Sie wissen, was ich heute geträumt habe?
DER BLINDE: Sie träumten, Sie wären aufgewacht und aus dem Bett gesprungen.
DER BEINAMPUTIERTE: Richtig. Wie haben Sie das wissen können?
DER BLINDE: Das träumen Sie jede Nacht.
DER GESICHTSLOSE: Reden wir nicht von Träumen, bitte, ich träume nachts nicht besonders gut.
DER BLINDE: Ich träume so gut wie nie. Obwohl für mich immer Nacht ist.
DER IDEALIST: Ich habe einen Traum.
DER BEINAMPUTIERTE: Im Sinne eines Ideals, nehme ich an.
DER IDEALIST: Richtig. Ich träume davon, dass es allen Menschen gelingt, mit sich selbst glücklich zu sein.
DER GESICHTSLOSE: Das ist unmöglich. In dieser Welt kann man nicht glücklich sein.
DER BLINDE: Sind Sie denn glücklich?
DER IDEALIST: Ich wäre glücklich, wäre es allen Menschen bereits gelungen, mit sich selbst glücklich zu sein.
DER GESICHTSLOSE: Sehen Sie mich an. Kann man mit diesem Gesicht glücklich sein?
DER BLINDE: Wie sieht es aus?
DER BEINAMPUTIERTE: Er hat kein Gesicht mehr.
DER BLINDE: Nun verstehe ich.
DER BEINAMPUTIERTE: Wissen Sie, was mein Ideal ist? Ich möchte einmal wieder einen Wiener Walzer tanzen. Eins zwo drei vier, eins zwo drei vier. Aber ohne Beine-
DER IDEALIST: Sie sind unglücklich.
DER BEINAMPUTIERTE: Wie kann ich glücklich sein, wenn ich von vornherein weiß, dass ich an meinem Ideal scheitern werde?
DER GEISTESKRANKE: Der Sand hat so ein marmoriertes Muster. Eine einfache Fahrt nach Belügistan, ich will mein krankes Pferd besuchen. Es hat aus versehen die gnädige Frau mit dem Benzintank verwechselt.
DER IDEALIST: Warum das Glück von dem abhängig machen, was man nicht ändern kann? Wir müssen von unseren Grenzen ausgehen.
DER BLINDE: Sie widersprechen sich.
DER IDEALIST: So?
DER BLINDE: Ihr Ideal ist es, dass es allen Menschen gelingt, mit sich selbst glücklich zu sein. Unserem beinamputierten Freund wird es aber nie gelingen, mit sich selbst glücklich zu sein, weil ihm im Erreichen seines Ideals Grenzen gesetzt sind. Demnach können Sie Ihr Ideal auch nicht erreichen.
DER IDEALIST: Und?
DER BLINDE: Seine Grenzen sind also auch Ihre Grenzen.
DER BEINAMPUTIERTE: Wollen Sie also nach Ihrer These gehen, man müsse das Glück von änderbaren Dingen abhängig machen, müssen Sie Ihr Ideal aufgeben.
DER IDEALIST: Wenn Sie aber Ihr Ideal aufgeben, kann ich meines aufrecht erhalten.
DER BEINAMPUTIERTE: Ideale darf man nicht aufgeben.
DER IDEALIST: Sehen Sie?
DER GESICHTSLOSE: Das ist doch reine Theorie. Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus.
DER BLINDE: Wie sieht sie denn aus?
DER GESICHTSLOSE: Erst bunt, dann rot, dann schwarz.
DER BLINDE: Was wollen Sie damit sagen?
DER GESICHTSLOSE: Alles war bunt, die Häuser, die Gärten, die Menschen, das Leben. Dann warfen sie die Bomben und alles wurde rot, denn das Feuer verschlang alles, die Häuser, die Gärten, die Menschen, das- Und dann war alles schwarz.
DER BLINDE: Sie sprechen vom Krieg.
DER GESICHTSLOSE: Nun wissen Sie es.
DER BEINAMPUTIERTE: Nun kann ich Sie noch besser verstehen.
DER GEISTESKRANKE: Marsch, sagt der Feldwebel, und der Holunder blüht dreimal am Tag. Hat jemand sie jemals wiedergesehen?