METZGEREI
Hinter dem Verkaufstresen, der gleichzeitig Schlachtbank ist, steht eine Verkäuferin. Eine Kundin betritt den Laden.
Kundin: Guten Tag.
Verkäuferin: Guten Tag, gnädige Frau. Was darfs sein?
Kundin: Was frisches.
Verkäuferin: Was frisches? Gnädige Frau, wir haben nur frisches.
Kundin: Was ganz frisches.
Verkäuferin: Ganz frisch-
Die Verkäuferin schnippt mit den Fingern. Der Kopf eines jungen Mannes kommt hinter dem Tresen zum Vorschein. Die Verkäuferin zieht ihn an den Haaren hoch, so dass sein muskulöser Oberkörper zu sehen ist.
Kundin: Ja, das sieht gut aus.
Verkäuferin: Wieviel Gramm hättens gern?
Kundin: Ich nehme das ganze. Am Stück.
Verkäuferin: Bedaure, gnädige Frau. Die eine Hälfte hat gestern ein Herr bestellt. Er wollte sie heute abholen.
Kundin: Wenn das so ist, nehme ich die andere Hälfte.
Verkäuferin: Ich dank schön, gnädige Frau. So bleibt wenigstens nichts über.
Die Verkäuferin schnippt mit den Fingern. Der Mann legt sich, nackt wie er ist, auf die Schlachtbank. Die Verkäuferin nimmt ein Beil und holt zum Schlag aus. Der Herr betritt den Laden.
Herr: Warten Sie, Fräulein. Ich nehme das ganze. Am Stück.
Verkäuferin: Bedaure der Herr. Die andere Hälfte hat die gnädige Frau bestellt.
Herr: Wenn das so ist-
Die Verkäuferin holt erneut zum Schlag aus.
Kundin: Warten Sie. Wenn dem Herrn so viel an dem ganzen Stück liegt, soll er es haben.
Herr: Das ist sehr freundlich von Ihnen. Aber vielleicht wollen S i e es am Stück? Dann lasse ich Ihnen selbstverständlich den Vortritt.
Kundin: Vielen Dank, aber ich glaube das ist doch nicht ganz das was ich suche.
Verkäuferin: Sind Sie sicher, gnädige Frau? Schauens nur genau hin.
Die Verkäuferin öffnet dem Herrn die Hose und zieht sie herunter.
Kundin: Es sieht nicht schlecht aus.
Verkäuferin: Ganz frisch, gnädige Frau. Ganz frisch. Soeben eingetroffen.
Kundin: Na schön, ich nehme es.
Verkäuferin: Am Stück oder in Scheiben?
Kundin: Am Stück. Aber packen Sie es ein, bitte.
Verkäuferin: Selbstverständlich, gnädige Frau.
Die Verkäuferin zieht dem Herrn die Hose wieder hoch.
Verkäuferin: Darfs noch etwas sein, bitte?
Kundin: Danke.
Verkäuferin: Achtundzwanzig Mark Sechzig wären das dann bitte.
Die Kundin legt dreißig Mark auf den Bauchnabel des Mannes.
Verkäuferin: Danke, der Herr.
Die Verkäuferin nimmt das Geld und gibt dem Herrn das Wechselgeld. Der Herr steckt das Wechselgeld ein, schnippt mit den Fingern und geht zur Tür. Der Mann steigt vom Tresen herunter und folgt dem Herrn.
Herr: Auf Wiedersehen.
Verkäuferin: Auf Wiederschaun der Herr.
Die Männer verlassen den Laden. Die Kundin zieht sich aus. Die Verkäuferin schnippt mit den Fingern. Die Kundin steigt über den Tresen und verschwindet dahinter. Der Mann, jetzt bekleidet, betritt den Laden.
Mann: Guten Tag.
Verkäuferin: Guten Tag, gnädiger Herr. Was darfs sein?
Mann: Was frisches.
*****
SCHLAFZIMMER
Ehebett und Schrank. Wir hören Geräusche aus dem Schrank. Mann und Frau beim Geschlechtsverkehr. Plötzlich schwere Schritte aus dem Off. Die Geräusche verstummen.
Stimme der Frau: Er kommt, versteck dich.
Der Liebhaber, nackt, klettert aus dem Schrank und legt sich ins Bett. Der Ehemann, in Soldatenuniform, kommt zur Tür herein. Er sieht sich im Zimmer um, geht auf den Schrank zu und reißt die Tür auf. Die Frau sitzt nackt im Schrank und lächelt ihn an.
Ehemann: Ich dachte schon- Hallo Schatz.
Frau: Hallo mein Hase. Wie war dein Tag?
Der Ehemann beginnt sich auszuziehen.
Ehemann: Wie immer. Dreckig. Dieses viele Blut ruiniert die Uniform. Schau.
Der Ehemann zeigt der Frau die blutbefleckte Uniform.
Frau: Ich bring sie morgen zur Reinigung.
Ehemann: Unmöglich. Morgen müssen wir den Süden erobern.
Frau: So kannst du unmöglich vor eure Feinde treten. Was sollen die denn denken? Das fällt doch auf mich zurück. Und auf meine Eltern.
Ehemann: Soll ich sie vielleicht nackt erobern?
Liebhaber: Natürlich. Wie denn sonst?
Der Ehemann klettert in den Schrank. Wir hören Geräusche aus dem Schrank. Mann und Frau beim Geschlechtsverkehr. Die Frau klettert aus dem Schrank und beginnt sich die Uniform anzuziehen.
Liebhaber: Hallo Schatz.
Frau: Hallo mein Hase. Wie war dein Tag?
Liebhaber: Wie immer. Dreckig. Dieses viele Blut ruiniert die Uniform.
Frau: Schau.
Die Frau zeigt dem Liebhaber die blutbefleckte Uniform.
Liebhaber: Ich bring sie morgen zur Reinigung.
Frau: Unmöglich. Morgen müssen wir den Süden erobern.
Liebhaber: So kannst du unmöglich vor eure Feinde treten. Was sollen die denn denken? Das fällt doch auf mich zurück. Und auf meine Eltern.
Frau: Soll ich ihn vielleicht nackt erobern?
Liebhaber: Natürlich. Wie denn sonst?
Die Frau zieht sich im Schnelltempo aus, klettert in den Schrank, Geschlechtsverkehr ebenfalls im Schnelltempo, klettert wieder heraus, zieht sich schnell die Uniform wieder an.
Frau: Soll ich den Süden vielleicht nackt erobern?
Liebhaber: Natürlich nicht, mein süßes Dummerchen. Apropos nackt- Willst du dich nicht endlich ausziehen?
Die Frau zieht sich aus. Der Liebhaber schlägt die Decke zurück und schaut sie erwartungsvoll an. Die Frau will ins Bett gehen, zögert, geht zum Schrank.
Frau: Wer weiß, ob du da nicht eine Geliebte drin versteckt hast.
Die Frau öffnet den Schrank mit einem Ruck.
Ehemann: Ich dachte schon-
Frau: Was dachtest du?
Ehemann: Nichts. Nur-
Der Liebhaber steht auf und geht zur Tür hinaus. Der Ehemann klettert aus dem Schrank und schaut auf das Bett.
Ehemann: Wer weiß, ob du nicht einen Geliebten drin versteckt hast.
Sie klettern beide in den Schrank. Wir hören Geräusche aus dem Schrank. Mann und Frau beim Geschlechtsverkehr. Plötzlich schwere Schritte aus dem Off. Die Geräusche verstummen.
Ehemann: Sie kommt, versteck dich.
Die Frau klettert aus dem Schrank und legt sich ins Bett. Eine Frau in Krankenschwesterntracht kommt herein. Sie hat Springerstiefel an und einen Revolvergurt um die Hüfte, in dem zwei übergroße Spritzen stecken. Breitbeinig steht sie in der Tür, die Hände an den Spritzen.
*****
STRASSE
Wir sehen eine elegant gekleidete junge Dame von links kommen. Sie führt einen ebenso eleganten jungen Mann an der Leine, der ihr schwerfällig aufrecht hinterhertrottet. Sein Gang erinnert an den eines Tanzbären. Von rechts kommt ihnen ein athletisch gebauter Halbstarker entgegen. Er führt eine junge Frau in knappem Minirock an der Leine, die auf allen Vieren neben ihm herläuft. Ihre Hände und Füße stecken in Stöckelschuhen.
Halbstarker: Sitz.
Die Frau setzt sich nach Hundeart.
Dame. Mach Männchen.
Der Mann macht Männchen.
Halbstarker: Ein wohlerzogenes Tier. Ich wünschte, ich könnte dieses Drecksviech da auch so dressieren.
Dame: Das ist gar nicht so schwierig. Zuckerbrot und Peitsche. Beides ist wichtig.
Halbstarker: Meinen Sie? das habe ich nicht gewusst. Das mit dem Zuckerbrot.
Dame: Beides ist wichtig.
Halbstarker: Vielen Dank. Ich merke, Sie verstehen etwas von Tierhaltung.
Dame: Durchaus. In unserer Familie hat das Tradition. Sehen Sie, den hier zum Beispiel habe ich aus der Zucht meines Vaters.
Halbstarker: Ein Prachtexemplar. Gar nicht zu vergleichen mit diesem Bastard da. Ich hab ihn aus dem Tierheim.
Dame: Ihn?
Halbstarker: Verzeihen Sie, ist natürlich eine Sie.
Dame: Sie haben sie hübsch zurechtgemacht.
Halbstarker: Nicht wahr? Sie ist ja immer so geil, und sie liebt es, von ihren umher streunenden, verwahrlosten, verlausten männlichen Artgenossen besprungen zu werden. Sehen Sie, in diesem Aufzug geht das einfacher. Man muss nur den Rock ein wenig heben.
Dame: Sehr gut durchdacht. Sagen Sie, hätten Sie etwas dagegen, wenn mein Liebling sich ein Weilchen mit Ihrem Herzchen amüsiert?
Halbstarker: Aber woher denn. Kann ja nichts passieren. Sie ist sterilisiert.
Sie lösen die Leinen. Die Dame schnippt mit den Fingern. Der Mann geht wie automatisch auf die Frau zu, hebt den Rock ein wenig und bespringt sie.
Halbstarker: Na, die haben ihren Spaß.
Dame: Er soll sich noch einmal so richtig auslassen. Morgen gehe ich mit ihm zum Tierarzt.
Halbstarker: Gut, dass ich nicht Ihr Haustier bin.
Dame: Schade. Ich würde sofort der Sodomie verfallen.
Halbstarker: Im Ernst? Wenn das so ist-
Dame: Würden Sie der Sodomie verfallen, wenn ich Ihr Haustier wäre?
Halbstarker: Ich würde Sie auf der Stelle bespringen.
Dame: Schade, dass ich nicht Ihr Haustier bin.
Die Dame setzt sich nach Hundeart und hebt den Rock.
Halbstarker: Wirklich schade. Aber wir sind nun mal keine Tiere.
Der Halbstarke bespringt die Dame. Der Mann und die Frau stehen auf. Die Frau lässt das vordere Paar Stöckelschuhe auf dem Boden stehen und zieht den Rock zurecht. Sie legt dem Halbstarken die Leine an und zerrt ihn von der Dame fort. Der Mann gibt der Dame einen tadelnden Klaps auf den Hintern, zieht ihr den Rock zurecht und legt sie an die Leine.
Frau: Es war nett, Sie kennenzulernen. Auf Wiedersehen.
Mann: Auf Wiedersehen. Und schönen Tag noch.
Die Frau geht nach links ab, den Halbstarken hinter sich herziehend. Der Mann geht nach rechts ab, die Dame hinter sich herziehend, die mit den Händen in das freie Paar Stöckelschuhe geschlüpft ist.
*****
WOHNZIMMER
Eine junge Frau sitzt in einem Sessel. Ihr gegenüber, ebenfalls in einem Sessel, sitzt eine alte Frau. Die junge Frau ist sehr lebhaft und fuchtelt beim Reden ständig mit den Armen herum. Die Alte bewegt sich gar nicht.
Frau: Hör zu, Mamma. Ich kann sehr gut verstehen, dass du nicht ins Pflegeheim willst. Aber Günter und ich, wir können dich auf Dauer einfach nicht hierbehalten. Das musst du doch verstehen. Günter geht arbeiten und ich erwarte unser erstes Kind. Wir sind rund um die Uhr beschäftigt. Da können wir uns nicht auch noch um dich kümmern. Wenn du uns wenigstens eine Hilfe wärst, ab und zu im Haushalt mithelfen würdest, abwaschen und so. Aber nein, du hockst den lieben langen Tag in diesem Sessel und starrst vor dich hin. So geht das einfach nicht weiter. Entweder du machst dich nützlich oder du gehst ins Pflegeheim.
Günter schaut zur Tür herein. Er hat einen Spaten in der Hand.
Günter: Schatz, wärst du mal so nett- Schatz, lass doch deine mutter in Frieden. – Hat sie dir wieder mit dem Pflegeheim gedroht?
Die Alte schweigt.
Frau: Sie spricht nicht mehr mit uns.
Günter: Sie stinkt schon. Wird endlich Zeit, dass wir sie begraben.
Frau: Sie stinkt nicht. Wie kannst du nur so etwas von meiner Mutter behaupten? Wo sie erst sechs Tage tot ist.
Günter: Sieben. Heute sind es sieben.
Frau: Korinthenkacker. Ich hoffe, mein Kind kommt nicht nach dir.
Günter: Unser Kind.
Frau: Ja ja, unser Kind. Sag mal, was machst du eigentlich da draußen im Garten?
Günter: Ich schaufle deiner Mutter ihr Grab.
Frau: Jetzt schon? Gib ihr noch eine Chance. Vielleicht geht sie ja doch noch ins Pflegeheim.
Günter: Keine Chance. Ihre Frist ist abgelaufen. Das Verfallsdatum ist weit überschritten.
Günter stellt den Spaten in eine Ecke.
Günter: Das Loch ist fast fertig. Komm, hilf mir, wir tragen sie schon mal raus.
Günter geht auf die Alte zu. Die Frau nimmt den Spaten und brät Günter eins über. Günter bricht zusammen. Die Frau packt Günter mit der freien Hand am Kragen und schleift ihn Richtung Tür.
Frau: D e i n e Frist ist abgelaufen.
Die Frau schleift Günter zur Tür hinaus. Die Alte äfft die Standpauke der jungen Frau wörtlich nach, ohne sich zu bewegen.
Alte: Hör zu, Mamma. Ich kann sehr gut verstehen, dass du nicht ins Pflegeheim willst. Aber Günter und ich, wir können dich auf Dauer einfach nicht hierbehalten. Das musst du doch verstehen. Günter geht arbeiten und ich erwarte unser erstes Kind. Wir sind rund um die Uhr beschäftigt. Da können wir uns nicht auch noch um dich kümmern. Wenn du uns wenigstens eine Hilfe wärst, ab und zu im Haushalt mithelfen würdest, abwaschen und so. Aber nein, du hockst den lieben langen Tag in diesem Sessel und starrst vor dich hin. So geht das einfach nicht weiter. Entweder du machst dich nützlich oder du gehst ins Pflegeheim.
Günter schaut zur Tür herein. Der Spaten in seiner Hand weist Spuren von Blut und Erde auf.
Günter: Hast du was gesagt?
Die Alte schweigt.
Günter. Ich weiß, du sprichst nicht mehr mit uns. Aber könntest du mir wenigstens helfen? Ich schaffs allein nicht.
Die Alte schweigt.
Günter: Ich fühl mich wie erschlagen.
Günter setzt sich in den freien Sessel.
Günter: Die Schufterei im Büro, weißt du? Die macht einen völlig fertig. Hast du was gegen Kopfschmerzen?
Die Alte schweigt.
Günter: Hör zu, Mamma. Ich kann sehr gut verstehen, dass du nicht ins Pflegeheim willst. Aber Günter und ich, wir können dich auf Dauer einfach nicht hierbehalten. Das musst du doch verstehen. Günter geht arbeiten und ich erwarte unser erstes Kind. Wir sind rund um die Uhr beschäftigt. Da können wir uns nicht auch noch um dich kümmern. Wenn du uns wenigstens eine Hilfe wärst, ab und zu im Haushalt mithelfen würdest, abwaschen und so. Aber nein, du hockst den lieben langen Tag in diesem Sessel und starrst vor dich hin. So geht das einfach nicht weiter. Entweder du machst dich nützlich oder du gehst ins Pflegeheim.
Die Alte schweigt.
Günter: Hast du was gegen Kopfschmerzen?
Die Alte schweigt. Günter stirbt im Sessel, ohne es sich irgendwie anmerken zu lassen.
*****