DIE SINNLOSEN


Auf der Bühne herrscht völlige Finsternis und eine Stille, die nur von einem leise gemurmelten, ewig wiederholten Vaterunser durchbrochen ist.

Erst nach einer ganzen Weile hören wir das Geräusch eines auf den Boden aufschlagenden Holzbrettes. Ein Lichtstrahl dringt durch die Öffnung in einem ansonsten mit Brettern verrammelten Fenster im Hintergrund rechts (vom Zuschauerraum gesehen) und erhellt die Bühne nur spärlich, so dass wir das Innere der Scheune (das die Bühne darstellt und durch herumliegende Holzstücke angedeutet wird) und die fünf Frauen nur in Umrissen wahrnehmen.

Eine der Frauen (A) steht neben dem Fenster und starrt auf ihre blutigen Hände, mit denen sie das Brett, das neben ihr liegt, soeben aus der Wand gerissen hat.

Im Hintergrund links hockt eine zweite Frau (B) auf dem Boden, und streichelt das Haar einer dritten (C) , die mit dem Kopf auf dem Schoß der zweiten friedlich schläft.

In der Seite links befindet sich eine von außen verriegelte Tür. Ihr gegenüber, in der Seite rechts, sitzt eine vierte Frau (D) und dreht gleichgültig ein Stück Holz in der Hand.

Eine fünfte Frau (E) kniet im Vordergrund mitte und murmelt leise ein fortwährendes Vaterunser.

Alle Frauen in diesem Stück sind jung. C muss aber gegenüber den anderen deutlich jünger wirken. Während wir in den anderen eindeutig junge Frauen erkennen, ist C eher ein eben erst Frau gewordenes Mädchen.

Das Anfangsbild bleibt noch eine ganze Weile unverändert, bis die Bühne schließlich so beleuchtet wird, dass wir alles klar erkennen können.

A wischt sich langsam die blutigen Hände an den Kleidern ab und schaut durch die Öffnung.

D wirft das Holzstück auf E.

E unterbricht das Gebet, setzt es aber sogleich wieder fort.

D rutscht im sitzen zu einem anderen Holzstück, hebt es auf und wirft es auf E.

E unterbricht das Gebet, setzt es aber sogleich wieder fort.

D rutscht im sitzen zu einem anderen Holzstück und will es aufheben.

B: Hör auf. Sie wacht sonst auf.

D hebt das Holzstück auf, wirft es auf E.

E unterbricht das Gebet, setzt es aber sogleich wieder fort.

D: Die soll aufhören. Das Gemurmel nervt.

B: Sie ist wenigstens leise.

D: Wir werden noch früh genug leise sein. Sehr leise.

B: Was werden sie mit uns machen?

D: Wenn wir Glück haben, fackeln sie die Scheune ab. Wenn wir Pech haben, holen sie uns vorher raus. Eine nach der anderen.

Langes Schweigen. Plötzlich hören wir aus dem Off die wütenden Schreie einer Frau. Kurz darauf wird die Tür von außen entriegelt und aufgestoßen. Zwei Männer treten ein. Ein dritter, mit einem Maschinengewehr bewaffnet, bleibt an der Türschwelle stehen. Die zwei halten eine Frau (F) fest, der eine mit Polizeigriff an einem Arm, der andere an den Haaren. Die Frau wehrt sich schreiend. Die anderen Frauen rühren sich nicht.

F: Arschlöcher. Man sollte euch die Eier abschneiden.

Die Männer werfen sie auf den Boden. Einer tritt ihr einige Male in den Bauch, dann gehen sie ab und verriegeln die Tür wieder.

E bricht ihr Gebet ab, steht auf und geht auf F zu.

F: Bleib wo du bist. Ich kann mir selber helfen.

E bleibt stehen und bewegt sich nicht.

F steht langsam auf und wischt sich das blutverschmierte Gesicht.

B schaut F an.

F: Schau nicht so blöde.

D fängt an zu lachen.

F: Und du hör auf zu lachen.

D hört auf zu lachen.

C dreht sich unruhig im Schlaf.

B: Jetzt habt ihr sie wachgemacht.